Carsharing-Radar 30|2015: Missbrauch von Carsharingautos für Straßenrennen

+++ Missbrauch von Carsharing für illegale Autorennen +++ Weniger Auto, mehr Lebensqualität +++ Warum E-Autos ein Risiko für Carsharing-Anbieter sein können +++

Die aktuellen Carsharing-News aus dem In- und Ausland im Detail

Missbrauch von Carsharing für illegale Autorennen

Vier tragische Todesfälle allein in Köln: Illegale Autorennen scheinen zum akuten Problem zu werden. Junge, insbesondere männliche Fahrer liefern sich spontane oder sogar geplante Rennen im Stadtgebiet. Das Problem dabei: auf geltende Geschwindigkeitslimits wird keine Rücksicht genommen. Viel schlimmer ist allerdings, dass unschuldige Verkehrsteilnehmer involviert werden. Zuletzt starb in Köln ein Radfahrer an den Folgen eines Unfalls, dem ein Rennen in der Kölner Innenstadt voranging. Daran beteiligt waren die Fahrer zweier Autos von DriveNow. Ein BMW 1er übersah ein Mini Cabrio (nicht von DriveNow), hob ab und überfuhr den Fahrradfahrer. Ein Sprecher der Kölner Polizei bestätigte, dass in letzter Zeit vermehrt Mietwagen für chaotische Rennen verwendet würden. Um Unglücke solcher Größenordnung zu vermeiden, kochen gerade Diskussionen hoch. In unserem Forum werden Geschwindigkeits- oder Leistungslimits erörtert. Die Pressesprecherin von DriveNow, Aurika Naumann, würde sich wünschen, schon bei der Registrierung der Kunden einen tieferen Einblick in deren Daten zu bekommen. So könne man Risikogruppen im Vorfeld identifizieren, sagt sie gegenüber Focus Online. Die Hürde liegt dabei aber in der Politik. Denn solche Entscheidungen müssten auf Bundesebene getroffen werden. In London werden risikofreudige und auffällige Fahrer bereits bei der Registrierung für DriveNow ausgeschlossen. Ein zu hoher Punktestand verhindert die Nutzung des Carsharing-Dienstes. Da DriveNow oft von jungen Fahrern genutzt wird, bleibt allerdings fraglich, ob diese Methode Wirkung zeigen würde. Eine Lösung könnte sein, kamerabasierte Geschwindigkeitslimits als elektronischen Begrenzer einzusetzen. Dann sind zwar auch Unfälle mit 50 Stundenkilometer möglich. Der Anreiz, mit Mini Cooper S oder BMW 120d ein Rennen zu fahren, würde damit aber zumindest auf Carsharingseite erheblich gemindert. Welchen Sinn macht es, mit 100 Stundenkilometer durch die Innenstadt zu fahren?

NACHTRAG: In der Hitze der schnellen und möglichst aktuellen Berichterstattung haben wir nicht bedacht, dass unser Artikel alle DriveNow-Kunden unter Generalverdacht stellen könnte. Das tut uns leid und wir entschuldigen uns an dieser Stelle dafür. Für die meisten „Rennen“ dieser hier beschriebenen Art würden private Autos verwendet, bestätigte die Kölner Polizei.

Weniger Auto, mehr Lebensqualität

BMW – Freude am Fahren. Dieser Claim steht seit jeher für das „Fahrgnügen“ mit den Fahrzeugen des Münchner Autobauers. Doch ausgerechnet die Fahrspaß-Fraktion ändert gerade radikal den Ansatz, wie Menschen übers Autofahren denken. „Letztlich geht es um die Rückbesinnung darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger und nicht die Autos im Mittelpunkt des politischen Handelns stehen müssen“, sagt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt- und Naturschutz gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung. BMW erarbeitet in verschiedenen Arbeitsgruppen gerade die Mobilität der Zukunft. Dass dabei der Besitz eines Autos nicht mehr im Mittelpunkt stehen muss, beweist DriveNow gerade im urbanen Raum sehr erfolgreich. „Neue Mobilitätskonzepte können einen Beitrag leisten, wie wir im Jahr 2030 in urbanen Räumen leben wollen“, erläutert Carl Friedrich Eckhardt, Leiter des Kompetenzzentrums bei BMW. Es macht keinen Sinn, noch mehr kostbaren städtischen Raum für den Individualverkehr frei zu machen. Ziel muss eine ganzheitliche Lösung sein. Carsharing spielt dabei nur eine kleine Rolle. Viele Bausteine lassen die Nutzer schneller ans Ziel kommen. Als Erfolg kann schon gewertet werden, wenn sich die Pendelzeiten in der Zukunft nicht dramatisch verlängern. Als Beispiel zeigt das Navigationssystem des BMW i3 an, wann es zeitlich mehr Sinn macht, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen statt im Stau zu stehen. Darüberhinaus müssen weitere Angebote hinzukommen, die das Umsteigen auf alternative Wege attraktiver machen. Fahrradleihdienste, Rollersharing oder spontanes Teilen des Carsharingautos können adäquate Mittel sein.

Warum E-Autos ein Risiko für Carsharing-Dienste sein können

Ein Trend bekam erst jüngst einen berühmten Zuwachs: Carsharing-Flotten fahren zunehmend elektrisch. Was bei kleinen Anbietern begann, schwappt nun auch auf die Etablierten über. DriveNow, lange Zeit mit dem Versuchsträger BMW ActiveE unterwegs, hat 100 voll elektrische BMW i3 aufgenommen. Bei car2go stromern Smart electric drive durch einige Innenstädte. Auch kleinere Anbieter, die oft auf ein stationäres Carsharingkonzept setzen, probieren zunehmend elektrische Fahrzeuge aus. Doch die schöne neue Zeit bereitet Kopfzerbrechen. Lange Ladezeiten und kurze Reichweiten verringern die effektive Einsatzzeit von BMW i3, Renault ZOE und Co. Die WirtschaftsWoche bemängelt zudem, dass es an Ladesäulen fehle und die Infrastruktur nicht für Elektroautos geschaffen sei. Das erhöhe das Risiko des Liegenbleibens. Langfristig könne Carsharing auch mit Elektroautos ein lukratives Geschäft werden. Doch dazu bedarf es der Hilfe verschiedener Eskalatoren. Stadtwerke, Carharingunternehmen, Städte, Stromanbieter, Autohersteller und Kunden müssten direkt (über Entscheidungen) oder indirekt (über Nutzungsverhalten) einen Standard herauskristallisieren. Ein Anfang können Ladekarten sein, die den Zugang einem Großteil der Schnellladesäulen ermöglichen kann. Zudem könnten Autohersteller einen Ladestecker anbieten, der die markenübergreifende Lademöglichkeit real werden lässt. Im Hinblick auf das Voranbringen der Elektromobilität sei es wichtig, attraktive E-Autos anzubieten. Das erhöhe die Zahlungsbereitschaft der Kunden und die Akzeptanz von Carsharing bei der Bevölkerung. „Die Befragungen unserer Nutzer zeigen, dass die meisten bereit sind, etwas mehr Geld für Elektrofahrzeuge wie den i3 zu zahlen“, sagt Nico Gabriel, Geschäftsführer von DriveNow. „Ein paar Hundert Mitglieder fahren sogar ausschließlich elektrisch.“

 

Jeden Tag erreichen uns neue Meldungen von Carsharing-Projekten aus der ganzen Welt. Nicht nur Firmen und Start-ups mit dem Schwerpunkt Mobilität, auch Städte, Gemeinden und Privatpersonen stellen Fahrzeuge zum Teilen bereit. Mit dem Carsharing-Radar berichten wir regelmäßig über aktuelle Meldungen der Carsharing-Dienste und die neuen Projekte im In- und Ausland.

Euch ist ein neuer Carsharing-Anbieter aufgefallen, über den wir noch nicht berichtet haben oder ihr seid selbst Gründer eines Carsharing-Angebots? Mailt uns einfach eure News und Informationen an carsharingradar@mietwagen-news.de. Wir nehmen eure Meldungen gerne in unser Carsharing-Radar mit auf.

Bild: DriveNow

 

 

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